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Alter Dom St. Johannis

1000 Jahre alter Sarkophag wird geöffnet

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Die Grabungen am Alten Dom St. Johannis fördern immer neue Überraschungen zu Tage. Die Öffnung und Erforschung eines Sarkophags kann nun einen entscheidenden Beitrag zur Geschichte von St. Johannis und Mainzer Stadtgeschichte des 1. Jahrtausends leisten.

Was mit den Bauarbeiten für eine Fußbodenheizung 2013 begann ist nun eine archäologische Großgrabung. Die seit dem 18. Jahrhundert evangelische St. Johanniskirche in Mainz hat sich als alter Dom von Mainz entpuppt. Sie gehört aktuell zu den spannendsten Grabungsstätten Deutschlands. Im Mittelschiff ist nun ein außerordentlich gut erhaltener Sarkophag entdeckt worden. Aufgrund der Gestaltung seines Deckels geht ein Forscherteam um den Schweizer Archäologen Guido Faccani davon aus, dass er circa 1000 Jahre alt ist und die im frühen 11. Jahrhundert darin bestattete Person von privilegierter Stellung war.

 

Mutmaßlich liegt ein Erzbischof im Grab

 

Mit der Öffnung und Erforschung des Sarkophags verbindet sich die Hoffnung, einen entscheidenden Beitrag zur Klärung der Frage nach der Funktion von St. Johannis und auch zur Mainzer Stadtgeschichte des ersten  Jahrtausends zu leisten. Das internationale Forscherteam um Faccani geht davon aus, dass im Sarkophag der Mainzer Erzbischof Erkanbald bestattet liegt. Erkanbald war von 997 bis 1011 Abt von Fulda und von 1011 bis zu seinem Tod 1021 Erzbischof von Mainz.

 

Funktion der Kirche im ersten Jahrtausend klären

 

Aufgrund der Tatsache, dass der Sarkophag seit einem Jahrtausend unberührt an dieser Position in der Kirche verblieben ist, ist für das Forschungsteam die Möglichkeit gegeben, dass noch die Elemente der Originalbestattung im Sarkophag vorhanden sein könnten. Dazu gehören Stoffreste des Ornats oder ein Bischofsring. „Wir erwarten zuerst einmal einfach die Überreste eines Toten. Natürlich sind unsere Gründe für die Sarkophagöffnung verbunden mit der Hoffnung, über die Identifizierung der bestatteten Person vor allem die Frage nach der Funktion der Kirche im ersten Jahrtausend zu klären“, so Faccani, wissenschaftlicher Forschungsleiter in St. Johannis. „Und vor weiteren Informationen verschließen wir uns nicht. Wir sind dabei bedacht, sowohl wissenschaftlich korrekt als auch pietätvoll vorzugehen“, so Faccani weiter.

 

Internationales Forscherteam reist an

 

Zur Öffnung des Sarkophags wird einen aufwändige Krananlage in der Kirche installiert, um den etwa 700 Kilo schweren Sarkophagdeckel anheben und seitlich des Grabes ablegen zu können. Da bei der Öffnung des Sarkophags Luft an die Fundstücke gelangt und sie damit dem Verfall ausgesetzt sind, muss von wissenschaftlicher Seite aus sofort alles getan werden, um den Inhalt so exakt und umfassend wie möglich zu dokumentieren. Daher gehören dem Forscherteam vor Ort weitere internationale Wissenschaftler an, um die nötigen Erforschungen sicherzustellen. Nach einer ersten Sichtung der Ergebnisse untersuchen Anthropologen den Fund, Textilexperten analysieren etwaige Stoffreste und Restauratoren stabilisieren mögliche Kleinfunde. Dies geschieht alles direkt vor Ort, keine Fundstücke sollen entnommen werden. Im Anschluss der Untersuchungen wird der Deckel den Sarkophag wieder verschließen.

 

Für Öffentlichkeit am 8. Juni zugänglich

 

Der Öffentlichkeit wird das Grab am Samstag, 8. Juni, von 11 bis 15.30 Uhr zugänglich gemacht. Eingang ist im Ostchor. Dr. Guido Faccani und Stadtkirchenpfarrer an St. Johannis Gregor Ziorkewicz stehen dann für Erläuterungen bereit.

 

Kirchenpräsident Jung:  Herausragende Stätte

 

Für den Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung , gehört die Johanniskirche in Mainz „zu den herausragenden historischen Stätten Deutschlands“.  Sie biete mit ihren Grabungen einen Blick „in anderthalb Tausend Jahre Geschichte“. Die christlichen Kirchen erinnerten „sie eindrücklich an ihre gemeinsame Vergangenheit“, so der Kirchenpräsident. Sie trage die „Aufforderung in sich, nach Einheit zu suchen und Ökumene zu legen“.  Der Kirchenpräsident freue sich, dass die Grabung im Juni mit einer ökumenischen Andacht beginnt. Jung: „Auch wenn das wissenschaftliche und öffentliche Interesse an dem Sarkophag riesig ist, bleib es ein Mensch, der dort begraben liegt. Wir beginnen die Öffnung des Sarges so, um zu zeigen: Glaube, Wissenschaft und Würde gehören zusammen.“

 

Bischof Kohlgraf: Faszinierende Funde

 

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat die die Grabungen in Sankt Johannis „in den vergangenen Jahren mit großem Interesse verfolgt“. Es sei für ihn „ faszinierend zu sehen, welche Funde die Archäologen zu Tage fördern und welche Schlüsse sich daraus für die Geschichte des alten Doms und der Stadt Mainz ziehen lassen“. Der Fund und die Öffnung des Sarkophags aus dem frühen 11. Jahrhundert werde „sicherlich weitere Erkenntnisse zu dieser so spannenden Zeit der Mainzer Kirchengeschichte ans Licht bringen“. Kohlgraf: „Ich freue mich auch, dass die Johannisgemeinde und die EKHN die benachbarte Domgemeinde und das Bistum Mainz am Fortgang der Grabungen teilhaben lassen. Die Beschäftigung mit der Geschichte des alten Doms bekommt so auch eine ökumenische Dimension.“  

 

Dekanat Mainz: Geschenk mit großer Verantwortung

 

Für das Evangelische Dekanat Mainz ist die Öffnung des Sarkophags einer der Höhepunkte, der nun fünf Jahre andauernden Grabungen in St. Johannis. Als Bauherr begleitet es die Forschungsarbeiten bei jedem Schritt. „Mit den Grabungen in St. Johannis tauchen wir ein in tausend Jahre Mainzer Stadt- und Kirchengeschichte. Es ist ein großes Geschenk, das uns diese Kirche offenbart. Ein Geschenk, das  uns immer wieder zum Staunen bringt.“,  erklärt Andras Klodt, Dekan des Evangelischen Dekanats Mainz, „Neben all den fesselnden, aufschlussreichen Funden der letzten Jahre, ist die Öffnung des Sarkophags für uns ein ganz besonderes Ereignis, dem wir neugierig aber auch pietätsvoll entgegen sehen.“ Auch Präses Dr. Birgit Pfeiffer schaut mit Freude auf den 4. Juli: „Wir sind sehr gespannt, ob wir in diesem Sarkophag im Alten Dom Erzbischof Erkanbald oder eine andere hochrangige Person aus uns gemeinsamen vorreformatorischen Geschichte finden werden. Die evangelische Kirche in Mainz ist sehr stolz darauf, die älteste Mainzer Kirche zu besitzen, und ist sich zugleich der Verantwortung bewusst, die mit diesem großen Erbe verbunden ist.“

 

Hintergrund zur der Graböffnung

 

Die Kosten für die Öffnung und wissenschaftliche Untersuchung des Sarkophags betragen circa 90.000 Euro. Sie werden finanziert durch die Großspende des Bistums Mainz, die Bischof Karl Kardinal Lehmann 2015 in Höhe von 100.000 Euro an die Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zur Unterstützung der Grabungen übergab. Die Spende sollte ein Zeichen für das gemeinsame große Interesse an der Geschichte des Alten Doms St. Johannis sein aber auch ein Zeichen des ökumenischen Miteinanders, für das St. Johannis steht. Dies soll auch bei der Sarkophag-Öffnung weiter getragen werden. Kirchenpräsident Dr. Volker Jung und Bischof Dr. Peter Kohlgraf werden der Öffnung beiwohnen und diese mit einer Andacht begleiten.

 

Hintergrund zu St. Johannis

 

Der Alte Dom St. Johannis ist eine der ältesten Mainzer Kirchen. Seit 1830 ist sie evangelisches Gotteshaus. Im Jahr 2013 wurde im Rahmen geplanter Renovierungsarbeiten eine groß angelegte Forschungskampagne lanciert, im Laufe derer der komplexen, mindestens 1800 Jahre langen Baugeschichte von St. Johannis nachgegangen werden konnte: Römische Profanbauten bilden die Grundlage für die Entwicklung einer Kirche, deren Bestehen nach bisherigen Erkenntnissen ins 5./6. Jahrhundert zurückreicht. Sie geht nach wiederholten Umbauten wohl um 1000 in einem Sakralbau auf, der bis auf den Westchor im heutigen Gotteshaus auf präsent ist. Veränderungen der Romanik, Gotik, Renaissance, des Barocks sowie des Klassizismus und vor allem der Nachkriegsmoderne prägen die heutige Form von St. Johannis.


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