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100 Jahre Ende des I. Weltkrieges

Ein idyllischer Ort des Grauens

Fleury-devant-Douaumont

Vor 100 Jahren ging der I. Weltkrieg zu Ende. Am 11. November 1918 unterzeichnete Deutschland den Waffenstillstand im Wald von Compiègne. Damit ging ein Krieg zu Ende, der den Kontinent total veränderte. Die Grenzen wurden verschoben, Staaten gingen unter, andere entstanden neu. Die Exkursion ging der Frage nach, wie die damaligen Ereignisse bis zum heutigen Tag nachwirken.

Es braucht schon Phantasie, sich das unzählige Leid vorzustellen, das über das Dorf Fleury-devant -Douaumont vor mehr als 100 Jahren kam. In einer parkähnlichen Landschaft durchzogen von gesicherten Fußgängerwegen flanieren Besucher durch den Ort, spielen Kinder inmitten von Denkmälern. Nur wenn man sich den kleinen stelenhaften Schildern nähert, ist zu ahnen, was hier einst geschah. „Ferme“, heißt es da auf einem von diesen, oder „Boulangerie“ auf einem weiteren.

Hier standen einst ein Bauernhof und eine Bäckerei. Alle sind dem Erdboden gleichgemacht, nur Erdhügel zeugen von dem einstigen 422 Einwohner zählenden Dorf. Fleury lag in der roten Zone der Schlachtfelder von Verdun und lag immer wieder im Granatenfeuer der sich erbitterten bekämpfenden Armeen nordöstlich von Verdun. Damit gehört der Ort zu einer der neun „villages detruits“, der zerstörten Dörfer, die nach dem 1. Weltkrieg nicht wieder aufgebaut wurde bzw. nicht wieder aufgebaut werden konnten. Zuviel Kriegsmaterial, zu viele Leichen lagen in der geschundenen Erde, so dass an ein Bestellen der Felder nicht zu denken war.

100 Jahre Ende des I. Weltkriegs

Aus Anlass des Endes des 1. Weltkrieges vor 100 Jahren besuchte eine Gruppe aus dem Dekanat Mainz diesen Ort des Grauens, der zum Symbol wurde für die Sinnlosigkeit des 1. Weltkrieges, wo es monatelang nur ein Hin- und Zurück an der Front gab, aber keine Entscheidung. Bis zu 500.000 Menschen kamen allein in der Schlacht von Februar bis Dezember 1916 ums Leben.

Hier zu stehen und zu sehen, wie groß dieses Gebiet ist, in dem gekämpft wurde, da bekommen die Fakten der Bücher und der Dokumentationen eine ganz andere Bedeutung. Das ist beklemmend und erschütternd – auch nach 100 Jahren, so eine Teilnehmerin der Fahrt, die von der evangelischen Erwachsenenbildung und der Stadtkirchenarbeit an St. Johannis angeboten wurde.

 "Beklemmend und erschütternd"

 Gemeinsam war man auf der Spur, um der Frage nachzugehen, wie es zu einem solchen jahrelangen Blutvergießen kommen konnte, an dem es am Ende nur Verlierer gegeben hat. Gründe hierfür nationalstaatliche Überheblichkeit, immenses Aufrüsten auf allen Seiten, sei es mit Waffen oder sei es mit Worten. Jede Seite war sich ihrer gerechten Sache sicher, ja sahen sich sogar unter Gottes Schutz und Geleit. Die unselige Aufschrift „Gott mit uns“ auf den Koppelschlössern der deutschen Soldaten ist Symbol hierzu. In unzähligen Predigten und Aufrufen wurde die Bevölkerung auf den Krieg vorbereitet. Als ein „Gericht Gottes“ und als „ein reinigendes Gewitter über Europa“ wurden die Kriegsvorbereitungen gerechtfertigt.

Diese Haltung führte dann zu den grauenvollen Kämpfen des ersten „industriell geführten Krieges“, wie Forscher den 1. Weltkrieg auch bezeichneten. Bis zum heutigen Tag zeugen die endlosen Gräben, die Krater der Granateinschläge, die zerstörten Forts und Dörfer von dieser Hölle auf Erden. Die Gespräche in der Reisegruppe wurden immer stiller. Jede und jeder kannte Geschichten von einem Opa oder Urgroßopa, der im Krieg war, dort geblieben ist oder verwundert wurde oder als ein ganz anderer Mensch wieder zurückkam. 

Auch wenn es bereits nach dem 1. Weltkrieg Tendenzen gab, aus diesem Krieg etwas zu lernen, wie die Errichtung des Völkerbundes in Genf oder die Kirchenkonferenz der evangelischen Kirchen im schwedischen  Uppsala, die betonte, dass es Aufgabe der Kirche sei, mit aller Macht Kriegsursachen zu beseitigen, dauerte es noch bis nach dem II. Weltkrieg, bis sich die ehemaligen Erzfeinde Deutschland und Frankreich in einem Freundschaftsvertrag miteinander aussöhnten. Verdun und Fleury-devant-Douaumont sind heute Mahnung diese Freundschaft weiter zu pflegen und auch deshalb heute noch einen Besuch wert – gerade nach 100 Jahren. (Ziorkewicz)


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