Fundstücke aus dem Alten Dom
Exportschlager im 17. Jahrhundert / Steinzeug aus dem Westerwald erlaubt Blick in die Wirtschaftsgeschichte
Keramik
Von den bislang bearbeiteten Einzelfunden nimmt der Anteil der Geschirrkeramik als Materialgruppe etwa 30% ein. Die teilweise besonders qualitätsvollen Erzeugnisse stammen aus den Töpferorten Frechen, Siegburg, Raeren und dem Westerwald. Einige waren mit Medaillons versehen, drei davon tragen Jahreszahlen: 1606 (Frechen), 1644 (Westerwald) und 1664 (Westerwald). Besonders interessant ist das auf 1644 datierte Westerwälder Steinzeuggefäß (Abb. 1), das beim Abtragen einer neuzeitlichen Auffüllungsschicht an der Außenmauer des Ostchores entdeckt wurde. Das ursprünglich bauchige Gefäß (Pulle) besaß vermutlich drei ovale Auflagen. Die Auflage trägt die Jahreszahl „1644“ mit folgender, um dessen Wappen laufender Umschrift: „CONSTANTIN ° VON ° NIVENHEIM ° ZUR ° GASTENDVNCK ° RITER ° UND ° OB“. Johann Constantin von Neukirch, genannt Nievenheim (1596 -1657), war Soldat und Offizier im Dreißigjährigen Krieg. Er versah zahlreiche Ämter, so war er Kempener sowie Kurkölnischer Amtmann, Gouverneur zu Kaiserswerth und zuletzt kaiserlicher General-Major.
In dem 1877 erschienenen vierzehnten Band der „Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung“ wird ein Krug mit dem gleichen Medaillon wie demjenigen aus der St. Johanniskirche beschrieben. Ein weiterer fast identischer Krug ist aus den Beständen des Rijksmuseums in Amsterdam bekannt. Es handelt sich hier aber um Frechener Steinzeug mit Medaillonauflagen, die dem aus der Kirche St. Johannis gleichen und ebenfalls die Datierung „1644“ sowie die gleiche Inschrift tragen. Dies könnte ein Indiz sein, dass die Medaillonmatrize, die in Frechen Benutzung fand, vermutlich von auswandernden Töpfern bzw. Töpferfamilien mitgenommen wurde und bei der weiteren Gefäßherstellung im Westerwald Verwendung fand. Dies ist einer der äußerst seltenen Beweise für den Austausch bzw. die Weiternutzung von Matrizen zwischen den Frechener und Westerwälder Töpferzentren.
Ebenfalls aus Auffüllungsschichten im Sektor Ostchor-Ost konnten zudem einige Scherben eines Frechener Steinzeugkruges mit zum Teil blauer Glasierung geborgen werden (Abb. 2). Das bauchige Gefäß besitzt drei Ovalauflagen (Bartmannskrug?), die die Jahreszahl „1606“ tragen. Darüber befindet sich ein zweigeteiltes herzförmiges Wappen mit flankierenden Löwen. Oberhalb des Wappens steht die nur zum Teil sichtbare Inschrift: „H….EMA“.
Das Rheinische Steinzeug des 16. bis 18.Jahrhunderts war ein wahrer Exportschlager und verbreitete sich nicht nur über weite Teile West- und Nordeuropas, sondern auch im gesamten skandinavischen und baltischen Raum. Es wurde überwiegend von Kölner Kaufleuten über Köln entlang des Rheins in den Süden, aber auch größtenteils in den Norden, exportiert. So auch über Städte wie Amsterdam, und Nimwegen. Von diesen Städten aus wurde das Steinzeug weiter gehandelt, insbesondere nach England. In England wurden die Rheinischen Steinzeugkrüge sehr geschätzt, sodass diese häufiger mit Silber oder silbervergoldeten Montierungen versehen wurden.
Aus England wurden wiederum große Mengen Rheinischen Steinzeugs weltweit in dessen Kolonien exportiert. So gelangten zahlreiche Frechener Krüge u.a. nach Jamestown in Virginia, das 1607 von Engländern gegründet wurde. Rheinisches Steinzeug konnte an zahlreichen Standorte entlang der amerikanischen Ostküste nachgewiesen werden: von Louisburg (Neuschottland) im Norden bis St. Augustine (Florida) und Tunica Village Site (Louisiana) im Süden.
Jonathan Burrows (IBD)