Vortrag anlässlich Erkanbalds 1001. Todestag
Des Erkanbalds Kleider
Das Dunkle Mittelalter ist nur dunkel, weil wir so wenig darüber wissen. Etwas Licht in jene Dunkelheit zu bringen, gelang der Veranstaltung „Des Erkanbalds Kleider.“ Anläßlich des 1001. Todestages, am 17.08.2022, hatte die Evangelische Stadtkirchenarbeit Mainz zu einem Abend mit Vortrag, Musik und Leichenschmaus in den Alten Dom St. Johannis eingeladen.
Nach der Begrüßung durch Kristian Körver, Pfarrer für Stadtkirchenarbeit, führte der wissenschaftlicher Forschungsleiter der Ausgrabung am Alten Dom St. Johannis Dr. Guido Faccani ins Thema ein, bevor Textilrestauratorin Anja Bayer ihren Vortrag „Des Erkanbalds Kleider“ hielt.
Vor über drei Jahren hatte man im Rahmen der Ausgrabungen an der mainzer St. Johanniskirche einen Sarkophag entdeckt. Aufgrund seiner Form und Lage im Kirchenschiff erwarteten Forscher die Grablege Erkanbalds, von 1011 bis 1021 Bischof von Mainz, gefunden zu haben. Im Sommer 2019 öffneten Wissenschaftler den Sarkophag und fanden die sterblichen Überreste eines Klerikers. Textilrestauratorin Bayer war damals daran beteiligt und untersuchte die textilen Funde aus dem Sarkophag. Es war unter anderem Ihre Analyse, durch welche die Vermutung bestätigt wurde, dass es sich bei dem Toten um Erkanbald handelt.
In ihrem Vortrag ging Anja Bayer weniger auf die Funde im Sarkophag ein, sondern der Frage nach: „Wie kleidete sich Erkanbald?“ Sie entwarf das Erscheinungsbild eines Mannes um das Jahr 1000 und erklärte anhand historischer Abbildungen welche Kleidung Erkanbald als junger Edelmann, als Abt des Klosters Fulda und als Erzbischof getragen hat.
Bei einer anschließenden Fragerunde stillten Wissbegierige noch ihr Interesse an den Funden im Sarkophag. Die Referentin räumte manches Missverständnis aus: so war die Kasel Erkanbalds keineswegs blau und die Schuhe nicht grün, wie teilweise behauptet. Auch erfuhren die Zuhörer:innen etwas über die Haltbarkeit textiler Materialen. Damals allgewärtiges Leinen wäre im Grab oftmals vollständige verrotten und Wolle aufgefressen, weswegen meistens die haltbaren Seidenstoffe übrig blieben. Daher sei es ein glücklicher Fund gewesen, im Grab Erkanbalds ein Pallium aus Wolle zu finden. Denn anhand dessen war es möglich, einen Nachweis zu erbringen, dass es sich bei dem Toten im Sarkophag um einen Erzbischof handeln musste.
Musiker Lukas Roos begleitet den Abend auf seiner Jazzgitarre und nahm die Zuhörer mit seinem einfühlsamen Spiel mit. Zum Abschluss klang die Veranstaltung mit einem so genanten Leichenschmaus bei Wein, Brezel und Streuselkuchen aus, und Anja Bayer und Dr. Guido Faccani standen noch lange den Interessierten Rede und Antwort.